Freitag, 14. Juli 2023

Tag 43: Halber Tag zum nächsten Picknickplatz.

Freitag, 07.07.2023
Morgens 11°, Nachmittags 19°; bewölkt, Schauer
6h mit Pausen,
3,5h reine Laufzeit
17km

RMK Loosalu lõkkekoht nach RMK Hirvelaane lõkkekoht

Regen in der Nacht. Regen am Morgen. Das Erste was ich im frühen Tageslicht sehe, sind drei Zecken, die an meiner Zeltwand hochklettern. Drecksviecher. Ich möchte nicht wissen, wie viele davon sich irgendwo an meinem Rucksack oder in meinen Klamotten verstecken.

Ich lasse mir Zeit mit dem Aufstehen, heute liegt wirklich nur eine Mini-Etappe vor mir. Ich setze mich zu den Mädels aus Niedersachsen und wir plaudern noch ein bißchen, ich freue mich sehr über eine Tasse Kräutertee, aber irgendwann juckt es mich dann doch in den Fußsohlen. Ich schüttele noch ein letztes Mal den restlichen Regen von meinem Zelt, packe es triefnaß in den Packsack, lege zwei weitere Lagen Mückenmittel nach, und los geht’s.

Die frische Motivation hält gerade mal ein paar hundert Meter. Dann möchte der Weg, daß ich von dieser entspannten sonnenbeschienenen Forststraße nach rechts in den nassen Dschungel abbiege. Blick auf die Karte: Keine Alternative. Also los.


Die nächste Stunde ist wild und urig, aber ich maule schon wieder im Geiste. Ich bin durch das feuchte Gras sofort klatschnaß, das Wasser läuft mir an den Beinen entlang in die Schuhe, die Fliegen und Bremsen um mich herum haben nochmal schnell alle ihre Freunde und deren Familien angerufen, und ich mag noch nicht mal mehr stehenbleiben. Von jedem Foto mache ich zur Sicherheit mal schnell 3 oder 5 Versuche, eigentlich schwirrt immer gerade irgendwo eine Fliege vor dem Objektiv herum. Das hier ist echt gerade nicht mehr die Kategorie „Oh wie schön ist Panama“. Das hier nervt.

Irgendwann ist aber auch das vorbei, ich stehe wieder auf der nächsten Forststaße, alles normalisiert sich und ich setze mich zur Frühstückspause in die Sonne.

Ich hatte mir zu dieser Etappe ursprünglich mal aufgeschrieben: „18km durchs Nichts“. Genauso ist es auch. Ein paar Kilometer Straße, ich treffe zwei mittelalte estnische Damen mit großen Rucksäcken, einen Regenschauer, zwei oder drei Häuser, mehr Straße, nochmal abbiegen, fertig. Der Tag ist eigentlich ein Klacks, ich könnte locker noch mindestens 2 Stunden weiterlaufen … aber da kommt nichts. Auf der Karte hatte ich kaum eine Chance gefunden, später nochmal auf einen schönen Platz für das Zelt zu stoßen. Sicher kann man notfalls immer hinter irgendwelchen Holzstapeln oder auf Wiesen mit brusthohem Gras sein Zelt aufbauen, aber wer es schick haben möchte, ist eben wählerisch. Also gebe ich mich heute gerne mit diesem kleinen Tag zufrieden. Insbesondere nach den 10h unterwegs von gestern.


Der RMK-Rastplatz Hirvelaane liegt freundlich in der Nachmittagssonne, ich baue erstmal mein Zelt zum Trocknen auf. Natürlich liebäugele ich sofort wieder damit, das Ding heute Abend in das Lean-to einzubauen, es soll heute Nacht wieder regnen, aber bis dahin ist noch Zeit. Der Rastplatz hat kein Wasser, ich muß mit dem letzten Liter von gestern irgendwie hinkommen. Dafür gibt es neben der Feuerstelle einen Weihnachtsbaum. Auch ein schönes Angebot für die Reisenden!

Der Abend ist windig, es gibt noch ein paar Regentropfen, vom nächsten Haus am Waldrand einen Kilometer weiter höre ich leise Partymusik umpfen. Ich wähle das weichste Stück Waldboden für mein Zelt und haue mich auf's Ohr.

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