Dienstag, 27. Juni 2023

Tag 31: Valmiera, so gerade nicht die Stadt meiner Träume.

Dienstag, 20.06.2023
Morgens 15°, Nachmittags 30°; durchgehend sonnig
5h mit Pausen, 3,25h reine Laufzeit
17km
Zelten am Sietiņiezis-Felsen nach Valmiera

Die Nacht blieb trocken, ich habe geschlafen wie ein Stein. Und gönne mir einen richtig schönen faulen Vormittag. Frühstück mit kaltem Quellwasser aus meiner eigenen Quelle, es perlt ganz vorzüglich an der Flasche, wie in der Werbung.

Gegen 10:15 starte ich bei 23 Grad in den Tag, es wird richtig warm werden heute. Auf dem Waldparkplatz 200m weiter steht ein französisches Wohnmobil – vielleicht hatte ich letze Nacht doch Nachbarn. Dahinter beginnt wieder die gleiche angenehme Mischung aus Wald und Feld, die ich gestern schon genossen habe. Es ist ein bißchen so, als wollte mich Lettland langsam wieder von den aufregenden Flußlandschaften der letzten Tage entwöhnen und mich daran erinnern, daß spätestens hinter Valmiera wieder die große Leere auf mich wartet.

In der prallen Sonne läuft es sich richtig brütend. Gegen 11:30 steht das Thermometer schon bei 27 Grad, ich hätte da gerne weniger. Meistens habe ich heute keine Wahl zwischen Wald und Schatten (kühl, aber immer mit einem Schwarm von Mücken / Bremsen / Fliegen) oder Feld und Sonne (brütende Hitze, dafür aber keine fliegenden Plagegeister). Am Ende bin ich mit dem Wechsel zwischen beidem auch ganz zufrieden.

Ich komme immer wieder an einzelnen Höfen vorbei, alte Häuser unter noch älteren Bäumen, Bienenstöcke drum herum, in den letzten Jahrzehnten zugewachsene Felder, in der Sonne glühende Sandwege und an den Wegkreuzungen uralte Eichen. Der weiß-gelb-weiße Wanderweg ist bis Valmiera fröhlich als Radweg ausgeschildert, aber mit dem Fahrrad will hier wahrscheinlich niemand langfahren. Selbst als Mountainbiker wirst du hier immer wieder das Fahrrad schultern müssen.

Kurz bevor Valmiera beginnt, liegt ein laut dröhnendes Sägewerk auf einer riesigen Waldlichtung in der Sonne. Alle Arbeiter, die ich von der Straße aus sehen kann, haben wegen der Hitze schon längst ihre T-Shirts ausgezogen. Die Werkshallen werden von großen Ventilatoren belüftet, die ich sonst eigentlich eher von Kuhställen her kenne. Egal, ich will nicht lange drüber nachdenken, ich will weiter. In den Schatten, noch besser in den Schatten eines kleinen Ladens mit einem Getränkeregal. Meine Flaschen sind nämlich schon lange leer getrunken.


Und Valmiera zieht sich. Ewig. Die Rasenflächen sind durch die Trockenheit der letzten Wochen zu gelben Wüsten geworden. Landstraße überqueren, Krankenhaus, Gewerbegebiet, erste sozialistische Wohnsiedlung, Gewerbegebiet, Friedhof, uuuuuff!, die Ladentür. Getränke, zwei Eis, zwei Šaltibarščiai, noch zwei Schritte bis zum Apartment und endlich raus aus der Sonne.

Aus dem Küchenfenster sehe ich den zentralen Kreisverkehr der Stadt, dahinter ein verglastes Einkaufszentrum. Seufzend ziehe ich den Vorhang zu. Heute nicht mehr.

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