Freitag,
16.06.2023
Morgens 15°, Nachmittags 28°; schwül und
bedeckt
7,75h
mit Pausen, 5h reine Laufzeit
20km
Līgatne
nach Kārļi
Abreisefertig ziehe ich durch das Dorf, eine vollkommen seltsam anmutende Siedlung. Entstanden nach 1815 rund um eine Papierfabrik, mit Backsteingebäuden soweit das Auge reicht. Durch die verstreute Lage der Häuser in, an, und auf den Hügeln wirkt der Ort eher wie aus dem Harz oder dem Zittauer Gebirge. Auf jeden Fall vollkommen anders als alles, was ich die letzten Wochen gesehen habe. Hier – muß ich nochmal hin. Hier gefällt es mir.
Ich muß ein bißchen Straße laufen, aber nach einer Dreiviertelstunde kann ich auf einen schmalen Pfad in den Wald abbiegen, unmarkiert, schlängelnd, bergab. Er spuckt mich unten in der Nähe des Flusses wieder aus, neben dem todsiechen Spielplatz einer Reha-Klinik, Der Putz bröckelt, die Spielgeräte sind rostig und verfallen, die Gardinen im Pförtnerhäuschen Vorkriegsware, aber der Rasen: Top gepflegt!
Ein kleiner Abstecher zu den Ķūķu-Felsen muß sein, eine Sandsteinformation am Fluß. Ich stapfe über kleine Trampelpfade am Sandstrand entlang und gucke und staune. Gleich drüben am Picknickplatz macht gerade ein Mountainbiker Pause und macht Anstalten sich auszuziehen, um mal schnell ins Wasser zu hüpfen. Er hat mich noch nicht gesehen und als er gerade anfangen will, die Unterhose abzustreifen, bin ich ein netter Mitbürger und pfeife kurz ein Liedchen, damit er mich bemerkt. Ich wollte uns beiden die Peinlichkeit ersparen, daß ich seinem nackten Arsch überraschend von der Flußseite aus Guten Tag sage...
Zwanzig Minuten weiter beginnt an einem Parkplatz an der Straße das Amata-Tal, ein gewundenes Flußtal mit einem Zufluß zur Gauja. Kenne ich auch schon aus dem Winter, was damals auch schon klasse. Ich bin sehr gespannt, wie es jetzt im Sommer aussieht. Auf dem Parkplatz ist ein Buffet aufgebaut und der Grill wird gerade angeworfen, mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen, aber ich kann beruhigt sein: Meine Unterkunft für heute Abend serviert ein Abendessen. Ich bin also wieder mehr als versorgt.
Das Amata-Tal ist zwar eigentlich ein Umweg, aber optisch ein wirklicher Leckerbissen. Hier:
Auf der großen Wiese am Zvārtes-Felsen mache ich nochmal Pause und schaue ein bißchen auf die Uhr. Der weitere Weg am Fluß entlang ist zwar wunderschön, dauert aber wahrscheinlich zu lange. Ich muß also die schwierige Entscheidung „Abendessen oder Landschaft“ treffen – und ziehe los, die Abkürzung anpeilend. 1,5h Schotterstraße sind einfach schneller als 3h Bummeln am Fluß.
Als
ich auf die Wiese des kleinen Hotels in Kārļi einbiege, sehe ich
als erstes mehrere Autos mit deutschen Kennzeichen. Die freundliche
Dame, die vor dem Haus sitzt (und die ich natürlich für meine
Gastgeberin halte), erwidert meine „Labdien“-Begrüßung mit
einem sehr deutschen „Hallo“. Ich mache mich in meiner kleinen
Mansarde frisch, dann gibt es Abendessen im Garten. Alles genau
richtig gemacht heute.
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