Montag,
12.06.2023
Morgens 8°, Nachmittags 22°; sonnig und klar
8,75h
mit Pausen; 5,75h reine Laufzeit
29km
Zeltwiese am See (Nähe
Taurupe) nach Mālpils
Der gute Lauf
von gestern hat sich über die Nacht fortgesetzt. Ich habe tief und
fest durchgeschlafen, die Morgensonne heizt das Zelt angenehm auf,
kaum Tau oder Kondenswasser am Zelt (also kann ich mein Zelt später trocken in
den Rucksack packen). Frühstück fällt aus, statt dessen ziehe ich
los, in einen gleißenden Morgen unter strahlend blauem Himmel.
Die ehemalige
Bahnlinie zwei Kilometer weiter ist zu einem schmalen Sandweg
geworden, heute ein Rad- und Wanderweg zwischen Riga und Ergli.
Kerzengerade durch den Wald, links und rechts Sümpfe,
undurchdringliches Dickicht, dann ein paar Wiesen. Ich nähere mich
dem alten Bahnhof von Keipene. Zwischen ordentlich gestutztem Rasen
gibt es etwas Landschaftskunst und 200m Bahnstrecke, auf der man im Sommer
mit einer Draisine hin und her fahren könnte. Ich interessiere mich
viel mehr für den kleinen Laden, der gleich da hinten am
Bahnübergang im Schatten liegt. Ein Frühstückseis und etwas Kefir
sollen es heute für mich sein.
Ich verlasse
die alte Bahntrasse schon eine Stunde später, früher als geplant.
Statt dessen bekomme ich verfallene Häuser und herrliche Alleen
serviert, uralte prächtige Bäume säumen einen Schotterweg. Im
Schatten läuft es sich herrlich kühl, vom Feld weht noch ein
leichter Wind dazu.
Wieder
schmeiße ich die geplante Tour für heute um, weil der zurechtgelegte Weg nicht
existiert Statt einem halbwegs deutlich erkennbaren Weg gibt es hier nur ein Getreidefeld. Diesmal muß ich nicht lange überlegen und wandere
einfach weiter auf der Schotterstraße. Daß das hier in Lettland mit
den kleinen kuscheligen Wegen durch den Wald oft nicht so
funktioniert wie auf der Karte, habe ich inzwischen gelernt.
Das letzte
Auto habe ich vor weit über einer Stunde gesehen. Pause mache ich einfach
irgendwo am Straßenrand, breite meine Zeltplane aus und räkele mich
im Schatten einer der vielen mächtigen Eichen, die hier die Zeiten überlebt haben. Es sind heute nur maximal 22 Grad, aber durch
die vielen Stunden Laufen in der prallen Sonne fühle ich mich jeden
Abend trotz Sonnencreme verbrannt und ausgedörrt. Deswegen genieße
ich jedes Stück Schatten und jede Brise Wind, die auf meinen Armen
zu spüren ist.
Mālpils
kommt schneller als gedacht. Ich habe für heute Abend ein
erstaunlich günstiges Ferienhaus geschossen. Der Besitzer hat mir
eine Nachricht mit ein paar Fotos geschickt und meinte, ich solle
einfach reingehen, der Schlüssel steckt. Als ich in den Garten
einbiege, guckt mich erstmal eine Babushka hocherstaunt an, und auf ihren
folgenden Redeschwall bin ich nicht vorbereitet. Lost in Translation.
Eine junge Katze spielt abwechselnd zwischen ihren Füßen und mit dem
Rasensprenger, während wir das Mißverständnis aufklären. Ich bin
hier richtig, der Sohn hatte der alten Dame nichts von der
kurzfristigen Buchung nebenan erzählt.
In
der tiefstehenden Sonne des Abends noch ein kleiner Versorgungsspaziergang
zum örtlichen Laden, dann schlafe ich in einem an schwedische Holzhäuser erinnernden weißen Zimmer oben unter dem Dach ein.
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