Sonntag, 21.05.
Morgens 8°, Nachmittags
21°; sonnig
6,5h
mit Pausen, 5h reine Laufzeit
25km
Badeseen bei Bezdonys
nach Družiliai
Ich hatte eine
erstaunlich ruhig Nacht dafür, daß ich hier quasi auf dem
Präsentierteller gezeltet habe. Der Parkplatz ist nur 100m weiter,
bis Mitternacht kamen noch einige Badegäste auf dem Weg nach Hause
an meinem Zelt vorbei, aber ich bin brav jedesmal sofort wieder
eingeschlafen.
Morgens um 06:00 dann der
erste Jogger, also war klar: Ich breche dann mal langsam auf...
Der Tag startet seltsam:
Obwohl super Wetter ist, bin ich heute lustlos und maulig. Der
Rucksack zu schwer, die Jacke zu warm und ach – ich kann mir heute
offensichtlich nichts recht machen.
Im nächsten größeren Ort
Bezdonys läuten gerade die Kirchenglocken und eine kleine Heerschar
an Autos schwärmt zur Kirche. Ich widerstehe der Versuchung, mich
dazuzusetzen.
Statt dessen scheuche ich
zwei Zäune weiter die örtlichen Alkis auf, die sich eigentlich im
Schatten des kommunalen Bauhofes in Ruhe was hinter die Binde
kippen wollten, jetzt wo das ach so rechtschaffene Volk endlich in
der Kirche ist. Sorry Jungs, bin schon wieder weg...




Ich werfe mich gleich
hinter dem Ort in das Grad neben dem Bahndamm und mache erstmal Frühstückspause.
Die Laune wird dadurch nicht besser, auch wenn mein Freßbeutel sich
merklich leert (und dadurch leichter wird). Also lustlos weiter dem Sandweg folgen. Eine halbe Stunde weiter
habe ich die Wahl, ob ich den Bach da vorne überwinde, indem ich den
Bahndamm hochsteige und auf den Gleisen laufe oder ob ich die kleine Furt
nehme und frohen Mutes durchwate. Ich entscheide mich für die Furt und es war
genau richtig: Als ich gerade auf Höhe des Baches bin, rauscht ein
Zug vorbei. Das hätte ekelig werden können. Statt dessen schnell
Stiefel und Socken ausgezogen, rein ins kühle Naß und als ich am
anderen Ufer sitze um die Füße zu trocknen, --- Auftritt lokale
Dorfjugend:
Ich hab vorhin im Wald
schon immer wieder Motocross-Maschinen gehört, hier tauchen
plötzlich zwei Jungs mit ihren Motorrädern auf und nehmen die Wasserdurchfahrt mit. Der
Erste schafft es aber irgendwie, seine Maschine so gekonnt
abzuwürgen, daß am Ende beide Jungs direkt vor mir zum Stehen kommen, weil sie sich gegenseitig blockieren. Awkward! Ich
merke, daß ihre Coolness einen deutlichen Knacks davongetragen hat,
auf meinen freundlichen Gruß reagieren sie nicht mehr...
Das nächste Dorf
Kreiveniai besteht im Wesentlichen aus kleinen Wochenendgrundstücken. Die Rasenmäher und -trimmer summen, überall Trubel, ich überhole den hier ansässigen Alkoholbotschafter mit
zackigem Schritt, danach kommen noch ein paar Wochenend-Radfahrer und
sogar ein wanderndes Päarchen. Der Sandweg geht über viele
Kilometer an der Neris entlang, die aus Belarus kommend später auch
durch Vilnius fließt. Es wird immer einsamer, der Weg immer
schmaler, aber dafür bessert sich meine Laune. Es fühlt sich ein
bißchen so an, als hätte ich mit ausreichend Abstand zur Stadt
meine Reiseflughöhe wieder erreicht.
Kurz vor Santaka queren mitten im gefühlten Nirgendwo
zwei Eisenbahnbrücken die Neris. Keine Ahnung, wie weit die nächste asphaltierte Straße weg sein mag. Die alte Brücke über den Fluß ist gesperrt und
jetzt Dreh- und Angelpunkt der lokalen Fußgänger, die Züge fahren
mit einem kleinen Schlenker über die neue Brücke. Ich stehe lange
über dem Fluß und gucke aufs Wasser, staune über all das Grün und
Blau, und nur eine Viertelstunde später bin ich an meiner Unterkunft
für heute.
Ein absoluter
Glücksgriff. Ein schönes Grundstück am Ende des Dorfes, mein
Gastgeber und ich stellen schnell fest, daß wir keine gemeinsame
Sprache sprechen (er litauisch & russisch, ich deutsch & englisch),
aber mit Freundlichkeit, Google Translate und ein bißchen Zeit geht
alles. Ich freunde mich mit den beiden Hunden an, bade unten im Fluß
an einer der schönsten Badestellen, die ich bisher gesehen habe und
sitze noch eine Stunde vor dem Haus in der Sonne.
Mein Gastgeber bringt
Eier von den eigenen Hühnern vorbei, die ich im Geiste schonmal mit
den getrockneten Schinkenscheiben kombiniere, die ich noch im
Rucksack habe. Als die Sonne untergeht, plane ich noch ein bißchen
an den nächsten Tagen herum. Morgen komme ich an Pabradė vorbei, dem
größten Truppenübungsplatz Litauens, wo auch die Bundeswehr mit
rumspringt. Die nächsten Nächte werde ich wieder im Zelt
verbringen, auf dem Weg weiter nach Norden.
Yesss, endlich mal Bilder von Tieren :)
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