Samstag, 27. Mai 2023

Tag 8: Raus aus der Hauptstadt.

Samstag, 20.05.
Morgens 8°, Nachmittags 20°; sonnig
6,25h mit Pausen, 4h reine Laufzeit
22km
Vilnius nach Badeseen bei Bezdonys

Und wieder los. Es ist seltsam: Auf der einen Seite war der eine Pausentag in Vilnius viel zu kurz, auf der anderen Seite hätte ich es dort nicht länger ausgehalten. Gestern ging im Wesentlichen mit Schreiben und Bilder aussuchen vorbei, ich hab's noch nicht mal bis zur Post geschafft, wo ich eigentlich noch ein paar Dinge zurück nach Hause schicken wollte, um den Rucksack leichter zu machen. Aber noch einen Tag in Vilnius zu bleiben habe ich auch nicht über's Herz gebracht: Einerseits waren die Hotelpreise am Samstag astronomisch (fast alles ausgebucht wegen Rammstein-Konzert...), andererseits will ich weiter. Die erste Teilstrecke ist geschafft, jetzt nur nicht nachlassen.

Also mache ich mich wieder auf in den absurden Kampf, der Stadt zu entkommen. Diesmal sieht es aber komplett anders als als vorgestern, als ich durch Gewerbegebiete und Autobahnknoten nach Vilnius reingelaufen bin. Beim Verlassen der Stadt nach Nordosten laufe ich statt dessen durch Hügel, grüne Wäldchen, Villenviertel, Kleingärten, Einfamilienhaussiedlungen, Parks. Hier ist also das Geld zuhause. Die Häuser schwanken zwischen skandinavisch kühl bis vollkommen geschmacklos, Bentleys und Porsches sehe ich in jeder dritten Einfahrt. Und doch kommt nur 300m weiter wieder eine Insel von älteren, kleineren Holzhäuschen, wo Glas und Beton sich noch nicht durchgesetzt haben.


Ich bummele heute mit Absicht und mache an jeder dritten Ecke Pause. Die Etappe ist nicht lang und ich will heute Abend an einer Kette von Badeseen zelten. Da heute Samstag und das Wetter wirklich schön ist, wird es da mit Sicherheit recht voll sein. Macht also überhaupt keinen Sinn, schon um 15:00 aufzulaufen.

Deshalb snacke ich mich durch meinen Essensbeutel, lese zwischendurch ein bißchen und als ich irgendwann gegen 17:00 auf den ersten der drei Seen stoße, ist da wirklich die Hölle los. Der Parkplatz ist gepackt voll, es wird gegrillt und gelounged, und in mir steigt leise die Panik auf, wo zur Hölle ich hier in Ruhe mein Zelt aufstellen soll... Aber die Seeufer sind weit und zahlreich, ich bummele einfach weiter und am dritten See finde ich – als ich ihn schon fast umrundet habe – eine Badestelle, die auch nen ganz okayen Zeltplatz abgeben wird. Ich lungere noch ein bißchen herum, bis die Badegäste gegen 20:00 langsam so Stück für Stück verschwinden, schreite dann majestätisch mein Ufer ab und suche mir den schönsten Platz aus. Das Zelt steht, zum Sonnenuntergang springe ich nochmal ins Wasser, um mir den Schweiß und das Mückenmittel des Tages abzuwaschen.

Das Wasser ist warm genug, daß man es ein paar Runden aushält, ich rolle mich zufrieden in meinen Schlafsack ein und höre noch ein bißchen der Jugend zu, die am anderen Seeufer feiert.

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