Freitag,
30.06.2023
Mittags 24°, Nachmittags 26°; sonnig mit aufziehenden
Wolken
4,5h mit Pausen,
2,5h reine Laufzeit
13km
Kilingi-Nõmme
nach RMK Kopra tare lõkkekoht (zu deutsch:
RMK-Zeltplatz Kopa tare)
Die Hauptstraße
von Kilingi-Nõmme liegt immer noch
wie ausgestorben da. Es ist warm, der Bus ist am späten Vormittag
angekommen, und über der Kleinstadt liegt eine ruhige Hitze, wie ich
sie zuletzt in spanischen Dörfern zur Mittagszeit gesehen habe. Kaum
jemand auf der Straße, kaum Bewegung.
Heute
steige ich endlich in den Fernwanderweg „Oandu – Ikla“ ein, der
auf 370km Estland von Südwesten nach Nordosten durchquert.
Mindestens für eine Woche werde ich diesem Weg folgen, an dem wie
auf einer Perlenschnur halbwilde Zeltplätze aufgereiht sind. Betreut
wird der Weg und die Einrichtungen am Wegesrand vom RMK (kurz für
Riigimetsa
Majandamise Keskus; und weil sich das kein Schwein merken kann: eben
RMK), der staatlichen Forstverwaltung.
Und die legt
erstmal mächtig los. Gleich am Ortsrand von Kilingi-Nõmme
liegt eine schöne Hütte mit Teich. Kannste mieten. Ich will aber
weiter. Kleine Pfade, schicke Infotafeln zu lokaler Geschichte, eine
sneaky Überquerung der letzten großen Straße für mindestens 3 Tage. Geht
SEHR gut los!
Dann
aber biegt der Weg auf eine Forststraße neben einer
Hochspannungsleitung ein, und mir wird klar: Das war's jetzt mit hübschen Wegen. Und zwar nicht nur für heute, sondern auch für
die nächsten Tage. Zweimal links abbiegen, einmal rechts, einmal
links, dann bin ich da. Dazwischen viel geradeaus.
Eigentlich...
wenn ich ehrlich bin... sind die Wege hier genauso wie in Lettland. Öde.
Aber immerhin schafft es das RMK, mal hier einen Wegweiser
hinzustellen, da mal einen Parkplatz mit einer Bank, dort eine
Infotafel. Das hilft ein wenig, daß die alten Wunden nicht sofort
wieder aufreißen, aber als ich an meinem Zeltplatz für heute Nacht
ankomme, war der Weg trotzdem vor allem: Langweilig.
Ich
entere den halbwilden Platz im Wald, es gibt zwei Picknicktische,
Feuerstellen, ein Lean-to, ein gutes Plumpsklo und sonst nicht viel.
Beim Versuch, sich mal kurz den Schweiß und Staub des Tages vom
Körper zu waschen, versinke ich bis fast ans Knie im Schlamm des –
Grabens? neben dem Zeltplatz. Ok, mit Baden wird’s hier nix. Aber
wie zur Hölle kriege ich Wasser für meinen Wasserfilter geschöpft,
ohne mich von Kopf bis Fuß mit Schlamm einzusauen? Am Ende löse ich
das mit einer leeren Flasche, die ich an einer Schnur (immer
dabei...) von der Brücke aus in den Graben werfe. Wasser geschöpft,
Wasser gefiltert, ich habe wieder was zu Trinken.
Das
Zelt baue ich in den Holzunterstand ein (ichbinsoclever!), heute Nacht soll es schon
regnen, wie die nächsten Tage auch. Und weil ich gerne so lange wie
möglich vermeiden möchte, ein nasses Zelt mit mir herum zu
schleppen, steht das Ding heute unter Dach.
Den
Rest des Abends verbringe ich mit Lesen und Zecken von den Beinen
schnippen (hört das denn nie auf?), am Himmel ziehen sich schon
Regenwolken zusammen und ich bin froh, daß ich aus der wuseligen
Stadt wieder zurück im Wald bin.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen