Samstag,
24.06.2023
Morgens 13°, Nachmittags 23°; durchgehend sonnig und
windig
5,75h mit Pausen, 4h reine Laufzeit
19km
Burtnieki
nach Vecate
Erstmal zum Busbahnhof, gute zwei Kilometer zum Frühstück. Ich hatte die Wahl zwischen zwei Bussen: 06.00 Uhr oder 11.55 Uhr. Für welchen habe ich mich wohl entschieden...? Als ich um halb zwölf am Busbahnhof von Valmiera ankomme, ist da erstaunlicherweise die Hölle los, alle wollen nach dem Partytag gestern Abend irgendwo hin.
Die Fahrt tut in den Knochen weh, der Bus schüttelt sich erbärmlich auf der Schotterstraße. Schneller als 30km/h fährt der Fahrer nicht und trotzdem kannst du die Achsen des Busses vor Schmerzen schreien hören. Aber irgendwann sind wir in Burtnieki, ich springe aus dem Bus, ich war hier schonmal. Am Laden vorbei, Richtung See. Nach einer verfallenen Scheune, die zum Gutshaus gehört, öffnet sich das Panorama des Sees. Blau, weit, windig. Als ich hier vor 1,5 Jahren im Winter mit dem Auto ankam, stürmte es so heftig, daß die ganze Karre schaukelte. Die Sicht war damals trotzdem bei vielleicht 100m, alles ein einziges Whiteout. Heute ist die Luft klar und frisch, unten am Wasser wuseln Leute, im Dorf sind noch die Reste des gestrigen Feiertages zu spüren: Ansammlungen von Autos, die Freunde sind zu Besuch, Musik dringt aus den Gärten, in der Luft liegt Grillgeruch.
Kurz vor dem
Wald mache ich Mittagspause. Ich bin zwar noch nicht lange unterwegs,
aber es ist schon weit am Nachmittag. Neben mir duften die
Silageballen des Bauernhofes da drüben, ich sitze im Halbschatten im
Wind und die 23 Grad fühlen sich gerade nach deutlich weniger an.
Gleich nach dem letzten Feld verläuft sich der Feldweg zu einer
undeutlichen Fahrspur durch den Wald und noch eine Abzweigung später
ist es nur noch eine unverbindliche Wegempfehlung durch brusthohes
Gras und wucherndes Gestrüpp. Mein deutscher Ordnungssinn rebelliert, immerhin geht hier doch die
markierte Radroute 112 entlang! Aber ich kann mir kaum vorstellen, daß
hier kürzlich jemand Rad gefahren sein soll. Ich kann beim Laufen
vor lauter Gras nicht mal den Boden sehen, an Zecken mag ich gar
nicht denken und mein Fliegen/Bremsen/Mücken-Schwarm dreht gerade erst so
richtig auf.
Langsam öffnet sich die Landschaft wieder, ab und an blitzt der See blau durch die Büsche und den restlichen Tag wird vor allem der Wind mein Begleiter sein. Die letzten 5 Kilometer sind Straße, es gibt keine Alternative. Die Landstraße ist ausnahmsweise asphaltiert und gut befahren, ich setze mir meinen Hut gegen die pralle Sonne auf und ziehe gemächlich gen Norden.
Also ziehe ich grummelig runter zum Fluß, dort gibt es eine Wiese für mein Zelt, eine Bademöglichkeit für mich und eine Picknickhütte, um meinen Rucksack zu entleeren. Von irgendwo her umpft noch leise Partymusik durch den Rand des Dorfes, ich schwimme eine Runde im Fluß, hänge meine Klamotten in den Wind und überlege mir in Ruhe, wo mein Zelt stehen soll.
Ab und zu
saust ein Auto über die alte sowjetische Betonbrücke nebenan, ein
junger Mann mit Kind kommt auf einen Abendspaziergang vorbei und wir
wechseln ein paar Worte, und wenn es ganz still und den Fischen
genügend langweilig ist, dann kann ich sie im Fluß kleine
Sprungkunststückchen machen hören.
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