Mittwoch, 31. Mai 2023

Tag 12: Das kleine Hotel in einem kleinen Dorf mitten im Wald.

Mittwoch, 24.05.2023
Morgens 11°, Nachmittags 24°, sonnig
6,25h mit Pausen, 4,75h reine Laufzeit
21km
See östlich von Zukaucizna nach Labanoras

Ich habe geschlafen wie ein Stein, die Nacht war warm und ruhig. Vor meinem Zelt warten 1.200 Mücken in der Morgenfeuchte darauf, daß ich das Zelt verlasse, aber ich kuschele lieber noch ein bißchen mit meinem Schlafsack. Das Zusammenpacken gelingt mir heute nur mit Mißmut, ich mache mir Sorgen um die Blase am Fuß und um meine Knie, die seit gestern anfangen, wieder leicht zu versteifen. Sowas hatte ich vor ein paar Jahren in Spanien schonmal und ich würde gerne vermeiden, wie damals wieder eine längere Pause einlegen zu müssen.

Inzwischen bin ich im Labanoro Regioninis Parkas (muß ich nicht übersetzen, ne?) angekommen, eine herrliche Landschaft aus Wald und unzähligen Seen. Der Wind trägt den würzigen Duft eines kühlen Waldsees heran, der Himmel ist klar und weit, alles erinnert mich an Schweden.

Schon nach ein paar Kilometern merke ich aber, daß die Sache mit der Blase am Fuß nicht besser geworden ist, manche Schritte tun inzwischen richtig weh. Trotzdem traue ich mich nicht, zur Mittagspause Schuhe und Socken auszuziehen. Diesen Verkehrsunfall schaue ich mir mal lieber heute Nachmittag nach dem Ankommen an... Auch deswegen entscheide ich wieder spontan, die Route zu ändern und kürze ein paar Kilometer ab. Ich laufe durch kleine Dörfer, Prudiške, Juodapurvis, Pašiekštis und vorbei an einzelnen Holzhäusern irgendwo auf dem Feld. Manche noch bewohnt, manche verlassen und verwuchert.

Der Wind ist heute meine ständige Belohnung für den Tag auf heißen Sandwegen. Ein Rauschen in den Baumkronen kündigt an, daß der Wind gleich eine erfrischende Abkühlung bringt, eine kühle Brise streicht durch die Bäume und mir entfährt mehr als einmal ein zufriedenes "Aaaaah...".

Kurz vor Labanoras treffe ich wieder auf Asphalt, gleichzeitig knüpft meine Erinnerung an meinen letzten Trip hierher an. Ich war im Februar 2022 schonmal hier, damals tief verschneit und mit Temperaturen weit unter Null. Jetzt laufe ich die blühende Dorfstraße entlang, die damals von hohen Schneewällen gesäumt war. Im winzigen Dorfladen kaufe ich ein paar Getränke. Weiter hinten im Dorf gibt es ein ebenso winziges Hotel in einem charmanten Holzhaus, ich habe heute Nacht also wieder ein Dach über dem Kopf. Das Restaurant hat zwar geschlossen, aber das wusste ich vorher.

Ich pelle mich aus meinen Wanderklamotten und betrachte die schmerzende Stelle am Fuß. Schlimmer geworden, es hat sich eine Blase auf der Blase gebildet. Ich kümmere mich darum, dusche ausgiebig und will mich gerade auf dem Bett langmachen, da klingelt mein Handy. In bestem Englisch fragt der Sohn der Wirtsleute, ob ich vielleicht etwas essen möchte, sie würden mir was zurechtmachen, obwohl das Restaurant geschlossen hat.

Da muß ich nicht lange gebeten werden und 5min später sitze ich auf der Terrasse, habe ein vom Sohn selbst gebrautes Bier in der Hand und warte auf mein Essen. Mir kommen fast die Tränen, als Vorspeise und Hauptgericht serviert werden, äußerst lecker und liebevoll angerichtet, hier in diesem winzigen Dorf mitten im Wald. Verflucht, bin ich glücklich gerade.

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